Es war offensichtlich, dass der alte Magistrat, der sich als noch im Amt betrachtete, nicht
in der Lage war seine Autorität eigenständig zu behaupten. Deshalb wandte er sich nach
Bonn um vom Landesherren Schutz gegen die aufrührerischen Bürger zu erhalten.
Als die Vorfälle in Warstein dem Erzbischof von Köln, als Landesherren, zugetragen
wurden, richtete er eine „Abmahnung“ an die Bürgerschaft der Stadt:
„Seine kurfürstliche Durchlaucht zu Kölln,
Maximilian Franz, Erzherzog zu Österreich...
Unserem Gnädigsten Herrn ist es äußerst mißfällig zu vernehmen vorgekommen, daß vor
einigen Tagen verschiedene Bürger und Eingesessene ihrer Stadt Warstein in höchst
zügelloser Weise sich unterstanden haben sollen, gegen dasigen Stadtrath, als ihre
vorgesetzte Obrigkeit, mit sträflicher Hindansetzung des schuldigen Gehorsams, münd-
und thätliche Ausschweifungen ungescheut verübt haben, sogar zur Aufwiegelung der
anderen friedliebenden Bürger die Sturmglocken geläutet haben, und sich anderer zu einer
höchststräflichen landfriedbrüchigen Empörung hinzielender Unthaten unterzogen haben;
da Seine Kurfürstliche Durchlaucht zu ordentlicher Untersuchung derlei ohnerlaubt
tumultuarischen und nicht zu rechtfertigen Vorganges, eine besondere Comission gnädigst
ernennen wird, und nach Warstein absenden werde; so wird sämmtlichen dasigen Bürgern,
und Eingesessenen aufs nachdrucksamste befohlen, von allen Thathandlungen
abzusehen, und sich, wie es gehorsamen Bürger und Unterthanen zustehet, ganz ruhig zu
betragen, hinfort ihrer vorgesetzten Obrigkeit die schuldige Folge in aller Gelassenheit zu
leisten, als im Widrigen gegen die mit weiterer Empörung sich auszeichnende Tumultuanten
mit aller Schärfe und in unabbittlicheren Weise verfahren werden solle.
Damit sich nun Niemand mit der Unkenntnis des gegenwärtigen höchsten Verbots möge
entschuldigen können, so solle selbiges von den Kanzelen öffentlich verkündiget, und
an gewöhnlichen Orten zu Jedermanns Nachricht angeheftet werden.
Bonn den 5. October 1789“
Von der kurkölnischen Regierung wurde also wegen der ausgebrochenen Revolte eine
Untersuchungskommission eingerichtet. Kommissionen waren damals sehr beliebt. Es gab
unzählige Kommissionen mit einer Vielzahl an Kommissaren. Das lag daran, dass
die Zuständigkeiten in den damaligen Regierungen nur rudimentär festgelegt waren,
und bezüglich unerwartet eintretender Ereignisse diese erst eingerichtet werden mussten.
Darüber hinaus gab es viele unterbeschäftigte Hofschranzen, die sich gerne mit dem
Titel eines Kommissars schmücken wollten.
Anscheinend wurden mehrere Juristen des kurfürstlichen Landesgerichts als Kommissare
nach Warstein gesandt. Bis heute ist nicht klar, welche Kompetenz dieses hatte.
Es gab im Kurfürstentum Köln mehrere Gerichts-Kollegien, deren Aufgabenverteilungen
nie eindeutig voneinander abgegrenzt worden waren:
„Schon an sich ist die Gerichtsverfassung des Herzogthums Westphalen ein (vielleicht
absichtlich) schrecklich verwirrtes Chaos, von dem der Eingeborene kaum einen Begriff
sich verschaffen kann, also auch niemals mit Gewißheit sich beschweren kann, besonders
hier manche widerrechtliche Prozeduren geradzu gesetzlich und herkömmlich sind.“