Der Regierungspräsident ist mit Schultheissen unzufrieden.

Das Erzstift Koeln musste 1802 das Herzogtum Westfalen an das Grossherzogtum
Hessen-Darmstadt abtreten. Dieses führte dort, nach französischem Vorbild, die
sogenannte "Schultheissenverfassung" ein. Der Schultheiss war ein Staatsbeamter
und stand an der Spitze der Gemeinde/Stadtverwaltung.
Als Ergebnis des Wiener Kongresses wurde Westfalen 1816 an Preussen abgetreten.

Der Oberpräsident der neuen Provinz Westfalen, Freiherr Vincke, konstatierte 1817, dass
viele von Preussen übernommene Schultheisse, die noch aus der alten Ordnung stammten,
"ganz unbrauchbare und notorisch schlechte Subjekte" seien.
Offensichtlich waren sie, überwiegend wegen fehlender Vorbildung und der nötigen
Sachkenntnis zur Ausführung vieler Verwaltungsgeschäfte nicht fähig.

Aufgrund regelmäßig durch die preußische Regierung in Arnsberg durchgeführter
Revisionen der Schultheissenenbezirke kamen erhebliche Mängel zutage.
Insbesondere ließ die Qualifikation der Beamten zu wünschen übrig. So wurde im Jahre
1826 bemängelt, dass die Amtsinhaber in der Regel im Schreiben wenig bewandert wären
und von Journal und Registraturführung keinerlei Ahnung hätten.
Ein Schultheiss habe treuherzig erzählt, dass er in Zukunft wohl kaum noch schriftliche
Berichte abliefern könne, da der hierfür gewonnene Lehrer sich nicht wie bisher mit
2 Morgen Wiesenland zum Heumachen begnüge,sondern nunmehr 6 verlange.

Problematisch war der unter den Schultheisenen häufig anzutreffende Typ des
ortsansässigen Gastwirts, der das Amt nur angenommen hatte um sich ein Zubrot zu verdienen.
Wie gefährlich diese Kombination war, zeigte sich, wenn gleichzeitig das Wirtshaus zum
Amtshaus bestimmt wurde. Es beschwerten sich Bürger beim Landratsamt darüber, dass
jeder, der auch nur eine kleine Anzeige mache, um sich nicht zu blamieren oder um
überhaupt Gehör zu kriegen den Geldbeutel mitnehmen müsse, um Getränke zu bestellen.
Fast alle Gemeinderatssitzungen würden zudem „ bei der Schnapsflasche anfangen und bei
derselben beendigt“, und so gingen die Gemeindevertreter mehrmals halb- oder auch ganz
betrunken auseinander.

Vincke ordnete an, die örtlichen Ebenen neu zu ordnen und die deutsche Bezeichnung
„Bürgermeisterei“und damit den „Bürgermeister“einzuführen, was nur allmählich
durchzuführen war.
In dieser Übergangszeit leisteten die neuen Bürgermeister,alten Ortsvorstände und
die Landräte in Eigenarbeit die Vorarbeit zu einer neuen Verwaltungsorganisation
auf lokaler Ebene im Königreich Preussen, speziell in der Provinz Westfalen.

Die kleinen Schultheissenbezirke wurden nach und nach abgeschafft.Gleichzeitig konnten
die oft unfähigen Schultheisse auf diesem Wege aus ihren Ämtern entfernt werden.

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